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Entwicklung einer Demoanlage für MTP mit PCS neo

Wie lässt sich der MTP-Standard praxisnah umsetzen? Im Rahmen seiner Bachelorarbeit entwickelte unser System Engineer Eric Borer eine Demoanlage auf Basis von PCS neo. Sie zeigt nicht nur den aktuellen Stand der Implementierung des MTP-Standards, sondern dient auch als Basis für eine produktionsreife Anlage.

Die Anforderungen an die Prozessindustrie verändern sich derzeit rasant. Märkte werden dynamischer, Produkte vielfältiger und Innovationszyklen immer kürzer. Dadurch stehen Betreiber von Produktionsanlagen zunehmend unter Druck, ihre Prozesse flexibler und zugleich wirtschaftlicher zu gestalten. Klassische Automatisierungssysteme stossen dabei zunehmend an ihre Grenzen. Änderungen sind oft aufwendig, zeitintensiv und mit hohen Kosten verbunden.

Ein vielversprechender Ansatz, um diese Herausforderungen zu meistern, ist die Standardisierung der modularen Automation. Anlagen werden dabei nicht mehr als starres Gesamtsystem betrachtet, sondern aus wiederverwendbaren Funktionseinheiten zusammengesetzt. Diese Module besitzen eigene Intelligenz und können bei Bedarf flexibel ausgetauscht oder erweitert werden.

Modulare Prozessautomation mit MTP

Der Schlüssel zu dieser Herangehensweise ist das Module Type Package (MTP). Dieser Industriestandard nach VDI/VDE/NAMUR 2658 legt fest, wie Module ihre Dienste, Schnittstellen und Visualisierungen beschreiben.

So können sie mit geringem Engineeringaufwand in ein übergeordnetes Leitsystem, den sogenannten Process Orchestration Layer (POL), eingebunden und dort zentral gesteuert werden. Der POL orchestriert die Module, stellt einheitliche Bedienoberflächen bereit und ermöglicht die rezeptbasierte Steuerung kompletter Prozesse. Für Betreiber bedeutet das weniger Integrationsaufwand, kürzere Projektlaufzeiten und deutlich mehr Flexibilität bei wechselnden Produktionsanforderungen. Damit wird MTP zu einem entscheidenden Baustein für die Zukunft der Prozessindustrie und zu einem praxisnahen Werkzeug, um die Vision von «Plug & Produce» Wirklichkeit werden zu lassen.

Wie sieht die praktische Umsetzung des Standards aus?

Im Rahmen meiner Bachelorarbeit entstand eine Anlage, die den MTP-Standard in Verbindung mit dem Prozessleitsystem PCS neo von Siemens demonstriert. Ziel war es, eine modulare Prozessanlage zu entwickeln, die die Integration von Process Equipment Assemblies (PEA) unterschiedlicher Hersteller im Process Orchestration Layer (POL) veranschaulicht.

MTP wird zu einem entscheidenden Baustein für die Zukunft der Prozessindustrie.
Eric Borer, System Engineer CTE

Die Anlage wurde als Simulation auf Controllern realisiert; auf eine Anbindung realer Hardware wurde zunächst verzichtet. Die Prozessanlage besteht aus zwei Modulen – einem Pumpenund einem Mischmodul. Gemeinsam bilden sie den Kernprozess ab: drei verschiedene Medien aus dem Tanklager dosieren und anschliessend in einem Behälter mischen.

Das Pumpenmodul stellt die Medien bereit, dosiert mithilfe von Füllstandsmessungen das gewünschte Volumen über die Austragspumpen und transferiert sie an das nachfolgende Modul. Zusätzlich bietet das Modul die Funktion, das Tanklager zu befüllen. Das Mischmodul lagert die vom Pumpenmodul dosierten Medien im Mischbehälter ein und stellt durch den Rührprozess ein homogenes Endprodukt her. Danach wird das Produkt zum nächsten Modul transferiert. Beide Module verfügen über eine eigene Steuerung und kommunizieren über standardisierte MTP-Dateien mit der zentralen Leitstation.

Die Orchestrierung übernimmt PCS neo, das web-basierte Prozessleitsystem von Siemens. Dort werden die Module eingebunden, übersichtlich dargestellt und über eine einheitliche Bedienoberfläche gesteuert. Die Anlage lässt sich flexibel entweder manuell bedienen oder automatisiert über die Rezeptsteuerung steuern.

PEA-Engineering

Um die Herstellerunabhängigkeit zu demonstrieren, wurden für die beiden Module unterschiedliche Systeme eingesetzt. Das Pumpenmodul wurde mit Beckhoff TwinCAT umgesetzt. Über die grafische Oberfläche des MTP-Projekts konnten die Dienste und Control Module des PEAs entwickelt werden. Daraus liessen sich automatisch sowohl die Steuerungslogik als auch die HMI-Oberfläche generieren. Abschliessend wurde aus den drei Komponenten die MTP-Datei generiert, sodass das Modul für die Orchestrierung bereitstand.

PEA1 Pumpenmodule.
PEA1 Pumpenmodule

Das Mischmodul wurde mit Siemens TIA Portal realisiert. Hier kamen die PFL-Bibliothek und das Service Engineering Tool zum Einsatz – das Kernstück des PEA-Engineerings. Mithilfe der Erweiterung MTP-Creator konnte die MTP-Datei erzeugt und anschliessend in PCS neo importiert werden. Obwohl die beiden PEAs mit Software unterschiedlicher Hersteller entwickelt und verschiedene Engineeringansätze verfolgt wurden, entstand im POL ein homogenes Ergebnis: Beide Module liessen sich einheitlich integrieren und bedienen.

PEA2 Mischmodule.
PEA2 Mischmodule

Bedienung der Anlage im Handbetrieb und per Rezeptsteuerung

Die Integration in PCS neo erfolgte durch den Import der MTP-Dateien und die Instanziierung der PEAs. Danach standen die Module in der POL-Umgebung für den Handbetrieb zur Verfügung. Ein weiterer Erfolg war die Einbindung der rezeptbasierten Batchsteuerung. Dabei lassen sich die einzelnen Dienste der Module zu Rezepten zusammenstellen. Der Bediener muss nicht mehr jeden Schritt manuell ausführen, sondern legt nur noch das gewünschte Endprodukt fest. Das System führt alle notwendigen Arbeitsschritte modulübergreifend automatisch aus. So entsteht eine rezeptbasierte Automatisierung, die effizient und flexibel ist.

Für die Umsetzung der Batchsteuerung müssen die Zustandsautomaten von MTP und ISA 88 synchronisiert werden. Die MTP-Module arbeiten mit einem standardisierten Zustandsautomaten, der sich in einigen Punkten vom ISA 88-Modell unterscheidet. In PCS neo mussten daher die beiden Zustandsautomaten synchronisiert werden. Durch die Verknüpfung von ISA 88-Templates mit MTP-Templates geschieht dies in PCS neo automatisch.

Bild von Andreas Langer, COO bei ControlTech Engineering AG.

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Nächste Schritte auf dem Weg zur modularen Prozessanlage

Die entwickelte Demoanlage bildet eine solide Grundlage für eine produktionsfähige Prozessanlage auf Basis des MTP-Standards. Dank ihres modularen Aufbaus lässt sie sich mit geringem Aufwand um weitere Module erweitern. Ein nächster Schritt wäre die Anbindung realer Hardware, um die Simulation durch einen physisch dargestellten Prozess zu ersetzen. Die Arbeit hat damit nicht nur eine funktionierende Demoanlage geschaffen, sondern auch wertvolles Know-how aufgebaut. Trotz bestehender Unterschiede zwischen den Herstellern zeigt sich, dass die Vision der modularen Prozessanlagen heute bereits zu einem grossen Teil realisierbar ist.